Rückblick: Armut und Wohnen im Alter – Rede in Gerolzhofen

FW-Veranstaltung am 03.05.2017 in Gerolzhofen

„Denn eins ist sicher: Die Rente“ – Wer kennt nicht mehr diesen Wahlslogan, den sich die CDU im Bundestagswahlkampf 1986 auf die Fahnen schrieb? Damals lag das Rentenniveau bei circa 56 Prozent (1980 sogar bei 57.9 %). Das ist mittlerweile über 30 Jahre her.

In den darauffolgenden zehn Jahren sank das Rentenniveau um zwei Prozent und bis zum Jahr 2006 bis auf gute 52 Prozent. Heute, abermals 10 Jahre später, liegt das gesetzliche Rentenniveau bei nur noch 48,5 Prozent. Das bedeutet im Vergleich zu 1986 eine Absenkung um ganze 7,5 Prozent. Treffen die offiziellen Berechnungen zu, wird das Niveau im Vergleich zu heute abermals auf nur mehr 43,0 Prozent im Jahre 2030 absinken.

Auch heute, drei Jahrzehnte nach dem eingangs erwähnten Wahlslogan, wird wieder das Thema „Rente“ den Bundestagswahlkampf mitbestimmen. Es steht zu befürchten, dass aus wahlkampftaktischen Gründen handfeste Lösungen hinten runterfallen und zu kurz gedachte Scheinlösungen dem Wähler als Wahlgeschenk verkauft werden. Selbst der DGB nutzt bereits die Außenhülle Münchner S-Bahnen, um auf die Rententhematik aufmerksam zu machen!

Sowohl im Namen der Rentnerinnen und Rentner, als auch der jüngeren Generationen kann man nur an die Vernunft der verantwortlichen Politiker in Berlin appellieren, keine Schnellschüsse zu machen!

Nichtsdestotrotz stehen wir – auch in Bayern – vor dem zunehmenden Problem der Altersarmut. Experten haben bestätigt, dass vielen Menschen in Bayern ihre Rente zum Leben nicht mehr reicht.

Hier ist interessant, dass Herr Ministerpräsident Seehofer im Gegensatz zum Sozialministerium die gesetzliche Rente – bzw. das Rentenniveau – als entscheidenden Faktor bei der Problemstellung der Altersarmut ausmacht. Sozusagen von höchster bayerischer Stelle wird nun auch die Argumentation der Freien Wähler bestätigt!

In den letzten Monaten hat sich einiges getan:

  • Die Bundesregierung hat in ihrem Alterssicherungsbericht im Oktober 2016 offiziell zuzugeben, dass Altersarmut in Deutschland längst Realität ist und dass die Rente allein nicht reicht. Mann solle nun zusätzlich verstärkt private Vorsorge betreiben. Die haben viele Kommentatoren in den Medien als „blanker Hohn“ bezeichnet. Denn viele Geringverdiener können dies nicht, da sie keinen € auf die hohe Kante legen können.
  • Mittlerweile fordert Bundesarbeitministerin Nahles, das Rentenniveau bis 2045 auf 46 Prozent zu halten, bei gleichzeitigem Anstieg des Beitrags auf 25 Prozent.
  • Inzwischen weiß man auch, dass bei vielen Personen die Rente nicht einmal für die Pflege reicht, was uns in den kommenden Jahren noch vor eklatante Probleme stellen wird.
  • Klar wurde in den vergangenen Wochen, dass ohne Reformen das Verhältnis der Renten zum Durchschnittslohn bis 2045 von heute 47,8% auf 41,6% fallen wird und die Beiträge von 18,7% auf 23,4% steigen werden. Die lapidare Antwort, „solange die Löhne steigen, ist das nicht schlimm“, wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht und ist Augenwischerei.
  • Fazit: Die derzeitige Rentensituation und die Altersarmut gehen Hand in Hand und es besteht dringender Handlungsbedarf. Wir müssen endlich „rote Linien“ festlegen. Eine ganz wichtige rote Linie ist das Verhindern der Absenkung des Rentenniveaus. Hier wollten wir im Landtag konkret wissen, ob die anderen Parteien hier auch zustimmen. Es ging um die sofortige Aussetzung der Absenkung des Rentenniveus. Wie die Abstimmung gezeigt hat, waren sowohl CSU, SPD, als auch die GRÜNEN gegen unseren Antrag. Uns wurde vorgehalten, dass dies vorrangig doch Aufgabe der Bundespolitik sei, doch wer sich im Landtag ein wenig auskennt, weiß, dass auch die anderen Fraktion immer wieder Bundespolitik betreiben! Das war nichts anderes als blanker Hohn!
  • Was uns wichtig ist: Im Zuge der Diskussion über Rentenreformen immer wieder gebetsmühlenartig auf die Möglichkeiten der betrieblichen und der privaten Altersvorsorge zu verweisen, darf nicht vor den Problemen der gesetzlichen Renten- versicherung ablenken. Diese beinhalten derartigen sozialen Sprengstoff, dessen Umfang wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Und genau deswegen erscheint es doch abstrus, dass alle anderen Fraktionen unseren damaligen Antrag abgelehnt haben?

Es ist deswegen an der Zeit – trotz des Bundestagswahlkampfes – zielorientierte Maßnahmen zu ergreifen, um die gesetzliche Rente zu stabilisieren. Dabei dürfen aber auch die jungen Menschen in unserem Land nicht über Gebühr belastet werden. Hier kommt es auf Fingerspitzengefühl an. An einem aufflammenden Generationenkonflikt kann von uns keiner Interesse haben, auch nicht in Zeiten des Wahlkampfes.

Die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion hat sich deswegen auf ihrer Klausur in Cham im Januar 2017 mit diesem wichtigen Thema intensiv beschäftigt und folgende Forderungen aufgestellt:

  • Alle Mütter sollen das Recht auf gleiche Rentenansprüche – unabhängig vom Geburtsdatum ihrer Kinder – erhalten. Jedes Kind muss uns schließlich gleich viel wert sein! Auch für vor 1992 geborene Kinder sollen den Müttern drei Entgeltpunkte gutgeschrieben werden.
  • Die Mütterrente sollte generell aus dem Umlagesystem herausgenommen und durch Steuermittel finanziert werden. Somit könnte das Umlagesystem deutlich entlastet werden, Schätzungen gehen hier von etwa 30 Milliarden Euro aus.
  • In diesem Zusammenhang brauchen wir endlich eine Bereinigung des Rentensystems. So müssen die versicherungsfremden Leistungen – u.a. Mütter-, Witwen- und Waisenrente – aus der gesetzlichen Rentenversicherung herausgenommen werden. Ziel dabei muss sein, diese aus Steuermitteln zu finanzieren.
  • Wie bereits erwähnt, muss die weitere Absenkung des Rentenniveaus sofort ausgesetzt werden. Wir laufen ansonsten Gefahr, die gesetzliche Rente weiter zu schwächen und somit das Vertrauen der Bürger in den Staat zu verspielen. Das Rentenniveau darf nicht von derzeit 48,6 Prozent auf 43 oder 42 Prozen gesenkt werden!
  • Ebenso müssen wir langfrisitig die Beiträge zur Rentenversicherung bei maximal 20 Prozent beibehalten. Der Faktor Arbeit darf nicht verteuert werden. Pläne der Bundesregierung, die Beiträge ab 2030 auf bis zu 30 Prozent zu steigern, müssen vehement abgelehnt werden!
  • Zuguterletzt müssen wir auch in Sachen Eigenverantwortung noch mehr unternehmen. Die Bürger müssen sich der Wichtigkeit der privaten Altersvorsorge bewusst werden, ohne diese wird es in Zukunft nicht mehr gehen. Daher muss diese Form der Altersvorsorge steuerlich noch stärker berücksichtigt werden.

Der damalige Arbeitsminister Blüm hielt 1997 treffend fest, dass man nicht „Jung gegen Alt ausspielen dürfe“. Gerade in Zeiten, in denen die politischen Ränder stärker werden, müssen wir tunlichst Acht geben, dass Reformen nicht ausschließlich zulasten einer Generation gehen. Die Lösung der Rentenproblematik ist also auch entscheidend für den sozialen Frieden in unserem Land. Ja, wenn nicht sogar entscheidend für den Fortbestand unserer demokratischen Gesellschaftsordnung!

Unsere aufgestellten Forderungen dienen auch als Fanal an die verantwortlichen Köpfe in Landes- und Bundespolitik. Auch uns ist bewusst, dass alleine die Fixierung des Rentenniveaus die Probleme nicht lösen wird. Zudem zeigen wir hiermit den Bürgerinnen und Bürgern, dass wir uns nicht nur mit Kommunalpolitik oder Stromtrassen auseinandersetzen, sondern immer den Menschen im Mittelpunkt sehen!

Weiter müssen – teils auch unpopuläre – Maßnahmen diskutiert werden, denn eine „eierlegende Wollmilchsau“ wird wahrscheinlich keiner der politischen Akteure in der Hinterhand haben. Dazu zählen etwa die Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung, die Stärkung der Betriebsrente oder die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze. Auch sollte für die nahe Zukunft über eine sogenannte „Automatisierungs- abgabe“ nachgedacht werden, denn die Arbeit – wie wir sie kennen – wird sich in den nächsten ein, zwei Jahrzehnten dank der Digitalisierung extrem verändern! Viele Arbeitsplätze, die heute noch unverzichtbar scheinen, werden in Zukunft durch Roboter oder andere Maschinen ersetzt werden. Hier müssen wir Vorkehrungen diskutieren und schließlich auch treffen.

Unter’m Strich lautet unser Ziel: „Jeder Mensch muss im Alter in Würde leben können.“

Hier müssen wir Freie Wähler vor Ort bei den Bürgern als eine Partei wahrgenommen werden, die sich um die drängenden Sorgen kümmert. Wir dürfen nicht zulassen, dass uns andere Parteien hier den Rang ablaufen.

Es ist viel zu tun, packen wir’s gemeinsam an!