Themen-Newsletter: Von „3. Welt“ zu „Eine Welt“

Nach dem zweiten Weltkrieg entstand für blockfreie Staaten, welche weder den überwiegend westlichen „Industrienationen“ noch den kommunistischen Staaten zuzuordnen waren, die Bezeichnung der „Dritten Welt“. Im niederländischen Breukelen wurde 1969 der erste „Dritte Welt Laden“ eröffnet. Die Intention dahinter war eine Unterstützung ökonomisch schwacher Regionen durch gerechteren Handel. Aktuell existieren alleine in Deutschland ca. 450 „Weltläden“. Es wird also nicht mehr von der isolierten dritten Welt gesprochen, sondern die Einheit der Weltbevölkerung betont. Alle Menschen, ungeachtet ihrer Herkunft, sollen die gleichen Voraussetzungen für ein glückliches Leben haben. Dabei darf keine Kategorisierung in „erste“, „zweite“ oder „dritte“ Weltbürger stattfinden.

Entwicklungshilfe oder Entwicklungszusammenarbeit?

Mittlerweile wird in Politik und Wissenschaft auch der Ausdruck der „Entwicklungshilfe“ vermieden, denn alle Partner sollen auf Augenhöhe miteinander agieren. Sogenannte „Prinzipal-Agent-Verhältnisse“, bei der ein Agent von einem Wissensvorsprung gegenüber seinem Auftraggeber profitiert und somit über Handlungsspielräume verfügt, stehen im Gegensatz zum humanistischen und gerechten Anspruch der Eine-Welt Arbeit. Der Entwicklungshelfer als Agent könnte beispielweise Entwicklungshilfe in Form von Spendengeldern an den vorgesehenen Empfänger („Auftraggeber“) zu seinen Vorteilen verwalten. Die Bedürftigkeit des Partners könnte ausgenutzt werden. Daher spricht man vermehrt von Entwicklungszusammenarbeit, wobei im Idealfall alle Beteiligten mit gleichen Informationen ausgestattet sind.

Die Anfänge der Entwicklungsarbeit

Mit der Kolonialzeit ab dem 18. Jahrhundert wurde der weiße Mann zum Sinnbild von Zivilisation. Diesen Zeitgeist dokumentiert das berühmte Gedicht „The White Man’s Burden“ (1899):

Die kolonialisierten Menschen werden hier als verdrossene Völker dargestellt, welche von ihrem Elend befreit werden müssen. Durch die Kraft des Westens könne dies erreicht werden. Es scheint selbstverständlich, dass alles nicht-westliche bekämpft werden müsse, da es rückständig sei und mit Hunger und Krankheit in Verbindung stünde. Die Fortschritte des Westens galten also als Idealbild und als Vorlage für „gute Entwicklung“. Andere Völker müssten demnach ihre Weltanschauungen, Wertesysteme und Traditionen hinter sich lassen. Menschen in anderen Regionen sich selbst zu überlassen, sodass eine eigene Art von Modernität heranwachsen könnte, passt nicht in die Ideologie der Modernisierung. Denn ein anderer Weg zu einer anderen Modernität als unserer eigenen scheint nicht vorstellbar.

Nachhaltigkeit als überdachte Antwort auf globale Missstände

Im Zuge der UN- Konferenz von Rio für Umwelt und Entwicklung im Jahre 1992 verpflichteten sich Staaten einer „nachhaltigen Entwicklung“. Die Grundlagen des Lebens für alle Menschen dieser Erde sollen garantiert werden. Zukünftige Generationen sollen Zugang zu denselben Lebensgrundlagen wie die gegenwärtigen Zeitgenossen haben.

Nachhaltigkeit wird auch räumlich definiert, wobei die Betonung auf der gleichgewichteten Rücksichtnahme auf alle Regionen der Erde liegt. Spätestens mit der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986 war jeder gezwungen zu verstehen, dass unsere Handlungen nicht nur den eigenen kleinen Umkreis betreffen. Alle Vorgänge auf dieser Erde sind Teil eines globalen Kreislaufs.

Im Idealfall stellt eine nachhaltige Entwicklung das Gleichgewicht ökologischer, ökonomischer und sozialer Ziele her. Dies bedeutet eine große Herausforderung, zumal sich die jeweiligen Absichten meist gegenläufig verhalten. Wollen Staaten das Wirtschaftswachstum rapide vorantreiben, leidet zumeist die Umwelt unter den starken Ausbeutungen von Ressourcen. Zum Ausbau ihrer ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit müssen Unternehmen häufig Gehälter kürzen oder Stellen abbauen, worunter Arbeitnehmer leiden und soziale Ansprüche somit zu kurz kommen.

Woran können wir nachhaltige Entwicklung messen?

Ökonomischer Fortschritt lässt sich an einem Anstieg des Pro-Kopf Einkommens einer Nation messen. Er kann über die prozentuale Zunahme des Bruttoinlandsproduktes berechnet werden. Das „BIP“ definiert sich als Summe der Werte aller hergestellten Waren und Dienstleistungen innerhalb eines Staates. Unberücksichtigt bleiben darin allerdings Mehrwerte wie Glück und Zufriedenheit der Menschen. Auch negative Einflüsse wie Umweltverschmutzung werden ebenso wenig bemessen wie unbezahlte Leistungen, etwa Hausarbeit. Lesen Sie für weitere Informationen auch den Themen-Newsletter unseres Mitarbeiters Karl Heinz Jobst „Eine Neue Wirtschaft Braucht Das Land“. Hier wird erörtert, ob wirtschaftliches Wachstum wirklich zu einer besseren und glücklicheren Welt beiträgt.

Der „Human Development Index“ (HDI) der Vereinten Nationen geht hier einen weiteren Schritt: Er berücksichtigt auch die durchschnittliche Lebenserwartung und Länge der Schulzeit in einer Nation und somit soziale Gerechtigkeit. Mit einer Ausprägung von 0,949 liegt Norwegen derzeit auf dem ersten Platz, Deutschland ist Vierter (0,926) mit der durchschnittlichen Lebenserwartung von 81,1 Jahren und einer Ausbildungsdauer von durchschnittlich 17 Jahren. Auf den Plätzen 186,187 und 188 finden sich die Zentralafrikanische Republik, Niger und der Tschad, mit der durchschnittlichen Lebenserwartung von 50-60 Jahren und einer Bildungszeit zwischen 5 und 7 Jahren.

Die ökologische Perspektive wird dahingegen vom „Ökologischen Fußabdruck“ berücksichtigt. Jedes Wirtschaften beansprucht Fläche, Abfälle und Abgase muss die Umwelt wiederum verarbeiten. Mit dem Ökologischen Fußabdruck kann man das Angebot der natürlichen Ressourcen mit seiner menschlichen Nachfrage vergleichen. Wie viel Natur haben wir und wie viel brauchen wir? Während der durchschnittliche Naturverbrauch pro Kopf in Deutschland bei 5,4 gha („globale Hektar“) liegt, verbraucht Bangladesch beispielsweise nur 0,7 gha.

Die Macht des Verbrauchers und lokaler Zusammenschlüsse

Die Agenda 21, welche als Dokument aus dem Kongress in Rio hervorging, lässt sich als eine Gebrauchsanweisung für nachhaltiges Handeln verstehen. Darin sind Leitfäden niedergeschrieben, die zum Großteil nachhaltige Aktionen auf kommunaler Ebene erleichtern sollen. Fair-Trade Landkreise, Fair-Trade-Towns und Fair-Trade-Schulen zeugen von der Umsetzung nachhaltiger Aktionen auf lokalen Ebenen.

Wieso wir uns für eine Stärkung des Eine-Welt-Netzwerks in Bayern und mehr Engagement Bayerns in der Entwicklungszusammenarbeit einsetzen

In Anlehnung an die Agenda 21 unterstützen wir die „Stärkung der Rolle wichtiger Gruppen“, da wir der Meinung sind, dass nur durch gemeinsames Handeln ein großer Schritt in ein zukunftsfähiges und gerechteres Morgen möglich ist. Die Betreiber von Weltläden erfüllen dabei eine sehr wichtige Aufgabe, da sie den Gedanken des Fairen Handels und der Einen Welt in ihre Heimatorte bringen. Denken Sie doch auch beim nächsten Kauf von Kaffee einmal an die ehrenamtlichen Verkäufer in ihrem nächsten Weltladen. Denn die mittlerweile große Auswahl an fairen Kaffeesorten hat mehr verdient, als nur einen Anteil von 2% am nationalen Kaffeekonsum Deutschlands. Der Konsum von fairem Kaffee in der Landtagskantine ist mehr als überfällig! Aber das ist nur ein Bespiel aus der breiten Bandbreite an fairen Produkten, mit denen wir unseren Konsum bewusster und zukunftsfähig gestalten können.

Autorin: Jessica Klug, Studentin Kulturwissenschaften, Vokswirtschaftslehre und Südostasienstudien, Team Fahn seit Januar 2017

Jessica Klug steht Ihnen auch auf der Mainfranken-Messe in Würzburg am Stand der Freien Wähler Landtagsfraktion für Fragen zur Verfügung. Termin Samstag, 30.09.2017 / 14:00 – 17:00 Uhr / Halle 21, Stand 2143.

In Unterfranken gibt es derzeit bereits drei Faitr-Trade Landkreise, darunter auch den Landkreis Miltenberg.