Alternative Verkehrsplanungen in Sulzbach – BN Infoabend am 30.7. in Sulzbach

Von Dr. Hans Jürgen Fahn (stellvertr. BN-Kreisvorsitzender)

Seit über 30 Jahren sucht die Gemeinde Sulzbach nach Verbesserungen für die Verkehrsproblematik und seit über 30 Jahren werden verschiedene Konzepte diskutiert. Seit 2011 steht eine Ortsumfahrung mit Dringlichkeitsstufe 1 im Ausbauplan der Staatsstraßen in Bayern. Obwohl der Gemeinderat sich bereits vor einigen Jahren, in nichtöffentlicher Sitzung, für eine Trasse durch die Mainauen ausgesprochen hat, werden derzeit vom Staatlichen Bauamt verschiedene Varianten geprüft. Angeblich ist alles noch offen. Im letzten Jahr wurde vom damaligen Leiter des Bauamtes, Norbert Biller, das Ergebnis einer FFH-Verträglichkeitsabschätzung vorgestellt, über die das ME schrieb : Umfahrung Sulzbach: „Alle Trassen wirken sich negativ auf das FFH-Schutzgebiet aus“.

Derzeit wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung erstellt; das Ergebnis soll Ende 2018 vorliegen, danach soll eine Vorzugstrasse vorgestellt werden.  Der Bund Naturschutz befasst sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema „Umgehungsstraße in Sulzbach – ja oder nein“ und auch unser Regionalreferent Helmut Schultheiß war schon dreimal vor Ort, zuletzt im Oktober 2017. Der BN kennt die Problematik in Sulzbach. Die heutige Infoveranstaltung kommt aus unserer Sicht genau im richtigen Augenblick, denn es sind einige neue Entwicklungen eingetreten, die die zukünftigen Planungen beeinflussen werden.

Ende 2017 hat der Regionale Planungsverband neue Weichen gestellt. Das Thema Verkehr umfasst jetzt auch offiziell nicht nur die Straße, sondern alle Verkehrsträger. Weiterhin wurde von allen kummunalen Vertretern einstimmig das Leitlinienpapier 2035 verabschiedet. Diese Vorgaben werden Eingang in den Regionalplan finden. Hier geht es unter anderem um:

  • Eine regional abgestimmte Siedlungsentwicklung
  • Den Grundsatz der flächensparenden Siedlungs- entwicklung
  • Die Reduzierung des KfZ-Verkehrs und die Schaffung eines attraktiven ÖPNV-Angebots mit schnellen Verbindungen.
    Ergänzung: Genau das ist auch Hintergrund der Planungen der Metropolregion Rhein-Main, die den ÖPNV von Miltenberg bis nach Frankfurt entwickeln will oder die Planungen zur Elektrifizierung der Westfrankenbahn. Nicht zu vergessen: Die Einführung des Bayerntakts mit stündlichen Verbindungen; dies alles soll die Akzeptanz des ÖPNV erhöhen und die Menschen zum Umsteigen vom Auto auf die Bahn bewegen. Sulzbach wird durch die Bahnlinie in Nord-Süd-Richtung sicher von diesen Planungen profitieren. Eben diese Entwicklungen müssen aus Sicht des BN in  die Planungen einer Ortsumgehung einfließen.
  • Ein weiterer wichtiger Punkt in den Leitlinien 2035: Man will nicht einzelkommunale Lösungen für bestehende Verkehrsprobleme.

Gerade dieser letzte Satz,  sagt für den Bund Naturschutz ganz klar und eindeutig: Wir brauchen ein Gesamtverkehrskonzept, das nicht nur Sulzbach umfasst, sondern den Raum von Aschaffenburg bis Kleinwallstadt (hier ist ja eine Südbrücke geplant, die Auswirkungen auf die Verkehrsströme haben wird). Somit wird auch die Notwendigkeit eines Raumordnungsverfahrens wieder aktuell, das der Bund Naturschutz und die Gemeinde Niedernberg, als Teil einer vorausschauenden Planung, fordern und die Regierung von Unterfranken derzeit noch ablehnt.

Die Leitlinien 2035 des Regionalen Planungsverbandes bringen es auf den Punkt: Hier ist zu lesen: “Wir brauchen am Untermain eine vorausschauende, zielgerichtete, regional abgestimmte Siedlungsentwicklung, um unterschiedliche Nutzungen möglichst optimal und flächensparend zu kombinieren und verkehrlich zu verknüpfen. Dabei kommt einer flächensparenden Entwicklung am Bayer. Untermain eine besonderes Gewicht zu. Man kann dies auch zahlenmäßig gut begründen: Der Anteil  der versiegelten Fläche ist von 2000 – 2015 im Landkreis Aschaffenburg um 16%, in der der Diskussion um die Lösung der Verkehrsprobleme Stadt Aschaffenburg um 29% und im Landkreis Miltenberg um 44 % angestiegen (Quelle: Landesamt für Umweltschutz 2016).

Mit anderen Worten: Der Flächenverbrauch ist im Landkreis Miltenberg und auch am Untermain zu hoch. Derzeit liegt der Versiegelungsgrad am Untermain 54,4,% und liegt damit – im negativen Sinn -an dritter Stelle aller 18 Planungsregionen in Bayern. Fazit: Flächensparen ist also das Gebot der Stunde und darüber wurde im Rahmen im Raum Sulzbach bisher noch nie gesprochen.

Und darf die hohe Luftbelastung am Untermain nicht vergessen, die vor allem auch den Verkehr kommt; bei Ozon haben wie seit vielen Jahren immer eine hohe Belastung. Ab 120 Mikrogramm/m³ ist Ozon gesundheitsgefährdend. Im Juli 2018 wurde der Wert von 120 bereits 16mal überschritten. Wir brauchen also Alternativen.

Bezüglich der Verkehrsentwicklung in Sulzbach und Umgebung habe ich in den vergangenen Jahren viele schriftliche Anfragen und Anfragen zum Plenum gestellt und z.T. viele interessante Antworten erhalten. Ein Beispiel: Auf die Frage, ob durch eine Nord-Süd-Trasse mit Mautausweichverkehr zu rechnen ist, wurde geantwortet: „Dies kann nur eine Vorher-Nachher-Betrachtung zeigen“. Sicher eine Aussage, die in Sulzbach nachdenklich machen sollte, denn „Nachher“ ist die Straße gebaut. Neue Straßen ziehen neuen Verkehr an – eine Befürchtung, die sich an unzähligen Beispielen schon bewahrheitet hat.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei den Bürgerinitiativen in Niedernberg und Sulzbach bedanken, mit denen ich seit 3 Jahren sehr gut zusammenarbeite. Das sind Rainer Mächt und Beatrice Herdt aus Niederberg sowie Marion Gado, A.Hess und Klaus Heym aus Sulzbach. Nicht zu vergessen natürlich auch der Wanderverein Sulzbach, hier sei stellvertretend Herrn Winfried Korn gedankt, die BN Ortsgruppe Kleinwallstadt mit Matthias Staab und Thomas Staab vom LBV.

Marion Gado und ich hatten am 5.7.2018 einen Gesprächstermin bei Staatssekretär Josef Zellmeier. Hier wurde klar gesagt, dass das Ziel der Untersuchungen des Freistaates primär die Entlastung der Staatsstraße sei und dass eine Stärkung des rechtsmainischen Verkehrs – parallel zur B 469 – man könnte also vielleicht auch sagen, zur Entlastung der B469 – vom Ministerium gewünscht sei. Für eine Entlastung der Jahnstraße und der Spessartstraße hat das Bauministerium zumindest derzeit keinen Planungs- und damit auch Finanzierungsauftrag.

Im Main-Echo war heute zu lesen, das Staatliche Bauamt suche derzeit nach der verträglichsten Lösung. Dafür bedarf es nachvollziehbarer Gutachten. Dass das bereits vorliegende FFH-Gutachten schon geändert werden musste, weil es Fehler enthielt bzw. noch immer enthält und es – wie bereits erwähnt – Priorisierungen einzelner Varianten gibt, lässt zumindest Zweifel bezüglich der Suche nach der verträglichsten Lösung aufkeimen. Daher ist es wichtig und notwendig, auch alternative Verkehrsplanungen auf den Prüfstand zu stellen. Wir haben zusammen mit dem neuen BN-Landesvorsitzenden Richard Mergner beschlossen, hier entsprechend tätig zu werden und deshalb Paul Bickelbacher heute nach Sulzbach eingeladen. Herr Bickelbacher ist ein bundesweit bekannter Verkehrsplaner, hat Sozial- und Wirtschaftsgeografie sowie Stadt-, Regional- und Landesplanung studiert und schon für verschiedene Kommunen entsprechende Gutachten erstellt. Außerdem hat er einen Lehrauftrag zum Thema Verkehr und Mobilität an der Ludwig-Maximilians-Unversität und ist für das Forum Mensch und Verkehr in der Stadt- Regional- und Landesplanung. Wir haben in ihm also einen ausgewiesenen Experten vor Ort. Der heutige Abend soll ein erster Einstieg in eine neue Phase konstruktiver Diskussion in Sulzbach werden. In einem Vorgespräch in München hat Herr Bickelbacher Vorschläge gemacht und einige Fragstellungen genannt: Wie kann man Straßenräume verbessern ohne eine Umgehungstraße zu bauen? oder: Wie lässt sich der Verkehr in Sulzbach umwelt- und menschenverträglicher gestalten? Was haben andere Gemeinden gemacht? Genau darum geht es heute Abend.

Wir wollen keine Trassendiskussion führen, sondern von Herrn Bickelbacher erfahren, ob und welche Alternativen es gibt. Denn nicht nur in Sulzbach werden solche Alternativen gesucht. Hier denke ich z.B. an Stadtprozelten, wo eine Umgehungsstraße mit weit geringeren Verkehrszahlen (4000 Kfz im Vergleich zu 12000 in Sulzbach) geplant wird.

Weitere Informationen zum Thema (PDF-Dokumente zum Download):