Podiumsdiskussion: „Realschulfamilie der Zukunft“

Dr. Hans Jürgen Fahn:

Unser Ziel: Die Zukunft der Realschulen aktiv gestalten, um unsere Kinder fit fürs Leben zu machen.

Eine umfassende Allgemeinbildung mit einem praxisnahen Unterricht legt an den Realschulen die Basis, um beruflichen Erfolg zu erlangen.

Die Realschule steht in Bayern nicht zur Disposition. Das ist wichtig und sollte gleich eingangs erwähnt werden.

Deswegen danke ich zunächst allen Realschullehrerinnen und Realschullehrern für Ihre tägliche Arbeit und Ihren Einsatz an der Schule vor Ort.

Ohne sie wären die Schülerinnen und Schüler nicht so erfolgreich, sowohl im Beruf, als auch am Gymnasium und natürlich an FOS und BOS. Gleichzeitig gilt mein Dank auch dem Realschullehrerverband (brlv), der sich stets für die Belange dieser Schulart einsetzt.

Zuallererst: Die Einstellungsbedingungen an der Realschule zum kommenden Termin im Herbst 2017 müssen deutlich besser aussehen als in den letzten Jahren.

Auch wenn sich die Bedingungen im Vergleich zum letzten Einstellungstermin verbessert haben, können wir FREIE WÄHLER es nicht hinnehmen, dass noch einmal nur 271 von knapp 2.500 Junglehrkräften eingestellt werden. Denn die jungen Lehrkräfte werden gebraucht:

Es gibt immer noch viele große Klassen an den Realschulen. Dadurch wird es beinahe unmöglich, auf jeden Schüler einzeln einzugehen. Die Realschulen haben immer einen zu großen %-Satz von Klassen über 30 Schüler. Unsere Forderung von 2008: „Keine Klasse über 25 Schüler“ ist immer noch nicht realisiert: In Zeiten hoher Steuereinnahmen muss die Staatsregierung hier handeln.

Dies ist aber notwendig, wenn man bedenkt, dass der qualitätsorientierte Ausbau der individuellen Förderung, der Inklusion und Integration an allen Schulen klar definierte Ziele der bayerischen Bildungspolitik sind.

Zugleich ist es ein Unding, dass den Realschulen über Jahre Top-Absolventen verloren gehen, die eigentlich dringend gebraucht werden. Diese orientieren sich beruflich um oder wandern ab. Im schlimmsten Fall heißt es Arbeitsamt statt Lehramt – das kann und darf nicht der Regelfall sein.

Auch der brlv-Vorsitzende Jürgen Böhm sagt dazu:

„Wir müssen uns sowohl für das Jahr 2017 rüsten als auch den Blick in die Zukunft richten. Angesichts des sich abzeichnenden extremen Lehrkräftemangels in anderen Bundesländern muss Bayern das vorhandene Potenzial bestausgebildeter Realschullehrer nutzen und einen kontinuierlichen Einstellungskorridor schaffen, der die individuelle Förderung der Schüler an den Realschulen im Freistaat weiter verbessert. Das verhindert nicht nur die Abwanderung von Lehrkräften, sondern schafft pädagogische Freiräume, um die Herausforderungen an eine zukunftsorientierte Bildung zu meistern.”

Sie alle wissen, welche zusätzlichen Aufgaben an den Realschulen zu leisten sind. Hierfür sind dringend Lehrkräfte notwendig.

Einige Aspekte seien noch einmal kurz und knapp erwähnt, damit Sie auch wissen, warum es diese und noch mehr Stellen benötigt:

  1. Die Heterogenität in unseren Klassenzimmern ist inzwischen die Normalität. Der Umgang mit Behinderungen, Integration, die Gestaltung eines ganztägigen Unterrichts oder die Talentförderung erfordern viel Zeit und damit ausreichend Lehrerstunden, die jede Schule vor Ort braucht. Nicht zu vergessen hierbei: Keine Schulart in Bayern hat so große Klassenstärken: 50% der Klassen haben 26-30 Schüler und 10% der Klassen haben noch 30 und mehr Schüler. Das kann es nicht sein. Wir müssen endlich das Ziel erreichen, dass es je Klasse nicht mehr als 25 Schüler gibt. Zugleich muss auch die Mobile Reserve ausgebaut werden, um Unterrichtsausfälle zu vermeiden und die notwendige Lernzeit sicherzustellen.
  2. Wir müssen den Unterricht mit digitalen Medien ausbauen: Bayerns Schulen brauchen eine effiziente und bayernweite nutzbare IT-Infrastruktur, damit Unterricht mit digitalen Medien auch ein Erfolg werden kann. Voraussetzung dafür ist eine gute Breitbandversorgung und die entsprechende Ausstattung in den Schulen. Nur so können wir Schülerinnen und Schüler fit für die Lebens- und Arbeitswelt von morgen machen! Der Freistaat Bayern ist dabei in der Pflicht aktiver zu werden, denn es kann nicht allein die Aufgabe der Kommunen und Landkreise sein, diese wichtige Zukunftsaufgabe alleine zu schultern. Denn gerade digitale Bildung ist heute eine zentrale Voraussetzung, um unsere Kinder fit fürs Leben zu machen.
  3. Auch die Werte- und Demokratieerziehung spielt für die zukunftsorientierte Realschule eine ganz wesentliche Rolle: Die Erziehung und die Umwelt erzeugt schon von klein auf eine bestimmte Grundeinstellung, die bestimmt, was man im Leben schätzt und als wichtig empfindet. Dementsprechend prägen in der Kindheit und Jugend vermittelte Werte den Menschen sein Leben lang. Besonders die Schule hat einen großen Einfluss auf das Werteempfinden der künftigen Generationen. Gerade Service Learning bzw. Lernen durch Engagement ist ein Bildungskonzept, das Werte- und Demokratieerziehung in praxisnaher Weise ermöglicht. Hier können sich Schüler aus dem Unterricht heraus für das Gemeinwohl engagieren. Dies führt nicht nur zur Öffnung der Schule in die reale Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler, sondern ist unserer Ansicht nach auch das beste Mittel, den Heranwachsenden praxisnah zu vermitteln, dass es sich lohnt, für die Gesellschaft einzustehen und Verantwortung zu übernehmen.
  4. Nicht zuletzt gilt es weiterhin, die Eigenverantwortung der Realschulen zu stärken. Dazu brauchen wir einen weiteren Ausbau der erweiterten Schulleitung, aber auch mehr Kompetenzen vor Ort. Hierzu haben wir FREIE WÄHLER bereits einen guten Vorschlag gemacht, der auch vom brlv geteilt wird. Wir fordern, dass die Kopplung der Wahlpflichtfächergruppe III b – also der musisch-gestaltende, hauswirtschaftliche oder soziale Bereich – an die Wahlpflichtfächergruppe III a mit der Fremdsprache Französisch endlich aufgehoben wird. Das ist ein Beitrag zu mehr Eigenverantwortung vor Ort, erleichtert die Unterrichtsplanung und vor allem: Es ist auch ein Beitrag, die Berufsorientierung an der Realschule zu stärken. Denn: Die Wahlpflichtfächergruppe III b bereitet hierbei insbesondere auch auf Tätigkeiten in handwerklichen und sozialen Berufen vor und sollte deshalb bei vorhandener Nachfrage unbedingt angeboten werden, um dem Fachkräftebedarf der Betriebe vor Ort gerecht zu werden. Die Gleichwertigkeit der allgemeinen und beruflichen Bildung erfordert, dass die Staatsregierung hier endlich handelt.
  5. Sie sehen, es gibt viel zu tun. Die FREIEN WÄHLER im Bayerischen Landtag stehen auf der Seite der Realschulen und werden dies auch in Zukunft tun. Denn angesichts der scheinbar nicht enden wollenden Debatte um das bayerische Gymnasium, müssen wir umso mehr darauf achten, dass die anderen Schularten nicht aus dem Blick geraten. Und dazu gehört die Realschule. Die Realschule ist eine starke Säule für qualitativ hochwertige Schulbildung und eine Bildungserfolg hängt nicht nur von der Karriere am Gymnasium ab. Daher fordern wir ein Gesamtbildungskonzept für Bayern, in dem alle Schularten, d.h. auch die Realschulen berücksichtigt werden.